Stress im ÖV kennt er nicht
Der Frauenfelder Urs Markus Nater ist Stressforscher an der Universität Wien. Was rät er, um möglichst entspannt mit dem ÖV unterwegs zu sein?
Seit er in Wien lebt, ist Urs Markus Nater «nur noch mit den ‹Öffis› unterwegs ». So werden in Österreich die öffentlichen Verkehrsmittel genannt. Während der täglichen Fahrt an die Universität und zurück verbringt der Professor für Klinische Psychologie seine Zeit am liebsten am Handy. «Oder ich beobachte die Umgebung und die Leute. Da drückt wohl mein Beruf durch», fügt er schmunzelnd hinzu. Die herumliegenden Gratiszeitungen seien seiner Ansicht nach aufgrund der «reisserischen Negativschlagzeilen» eher ein Stressfaktor.
Musik senkt Stresshormone
Möglichst stressfrei reisen lasse es sich mit einer Portion Gelassenheit. Nater empfiehlt zudem: «Unwägbarkeiten wie Verspätungen unbedingt einplanen!» Auf ein anderes Wundermittel zur Stressreduktion konzentriert sich Urs Markus Nater seit einiger Zeit in seiner Forschungsarbeit: die Musik. Im Gegensatz zu anderen Stressreduktionsmitteln sei Musik für alle leicht zugänglich. Lieder und Klänge hätten einen positiven Einfluss auf die Entspannung, was sich an den Stresshormonen erkennen lasse. «Durch das Herunterregulieren dieser Hormone beim Musikhören entstehen Immunprozesse, die sich vorteilhaft auf die Gesundheit auswirken», erklärt Nater.
Egal, ob Klassik oder Heavy Metal
Die Musikgenres spielten für die Stressreduktion übrigens keine Rolle, erklärt Urs Markus Nater: «Während sich die eine Person vorwiegend durch klassische Musik entspannen kann, benötigt eine andere dafür Heavy Metal.» Er führt regelmässig Studien zu Stresssituationen im Alltag durch. Interessanterweise würden ÖV-bezogene Stressauslöser, wie zum Beispiel Verspätungen, von den Testpersonen mit am meisten genannt. Allerdings, stellt Nater klar, gebe es keine Anzeichen dafür, dass diese Stressoren schlimmer als andere seien.
Ausflugtipp von Urs Markus Nater
Von Frauenfeld mit dem Bus nach Eschenz, von dort per Zug weiter nach Mammern und dann mit dem Schiff via Untersee hinauf nach Romanshorn am Bodensee.
Der ÖV ist im Vorteil
Der 48-jährige Familienvater wagt den Stressvergleich mit dem Auto: Den ÖV sieht er dabei insgesamt im Vorteil, weil man sich beispielsweise nicht um Staus oder Parkplätze kümmern müsse. Wer autofahre, müsse sich konstant stark konzentrieren. Wer mit Bahn und Bus unterwegs sei, dürfe lediglich den Ausstiegsort nicht verpassen. Auch das Auto bringe aber den einen oder anderen Pluspunkt mit sich, ergänzt Nater: So werde man beispielsweise nicht von unbekannten Mitfahrenden oder vom Fahrpersonal gestresst: «Zumindest in Wien soll es vorkommen, dass manche Busfahrer nicht ganz so freundlich sind.»
(Text: Manuel Ditthardt, Bild: Martin Graf)